Bella Italia ist nicht als Hochburg des Doom Metal bekannt. Diesen weißen Fleck von der Landkarte zu tilgen schicken sich die drei jungen Lombarden Christian Draghi (Gitarre/Gesang), Francesco Filippini (Bass) und Alessandro Dallera (Drums) an. Als Doctor Cyclops haben sie mit Oscuropasso ihr zweites Album am 14.02.2014 in Deutschland bei World in Sound / Rough Trade veröffentlicht. Der Titel des fünf lange bis sehr lange Stücke umfassenden Werks bedeutet im Deutschen soviel wie „dunkle Irrfahrt“. Das Frontcover ziert ein von Luca Sambuco gezeichnetes dantesches Dschungel-Panorama, ein psychedelisches Gomorrah, in dem sodomistisch veranlagte Mutanten eine fröhlich-blutige Orgie veranstalten, dass selbst die ERGO-Versicherungsgruppe und Silvio Berlusconi blass um die Nase werden würden. Benannt haben sich die Italiener nach dem gleichnamigen Horror-B-Movie aus dem Jahr 1940, in dem ein durchgeknallter Wissenschaftler im peruanischen Urwald winzige Hommunculi züchtet.
Soviel zu Sinn und Gesamtzweck der Veranstaltung. Was die drei jungen Musiker aus dem Konzept herausholen, verrät neben Spaß an der Sache musikalisches Format. Black Sabbath nahestehend verbreitet sich ein angenehmes Retro-Feeling, das Ganze könnte auf den ersten Eindruck als Tribut an die Sabbath Bloody Sabbath durchgehen. Der schwere Gitarrensound von Chris Draghi und das finstere und pointierte Bassspiel Francesco Filippinis entfalten eine Atmosphäre von Niedergang und kontemplativen Irrsinn, dass es seine Art hat. Doch es wird mehr geboten, als nur ein Ausflug in vergangene Zeiten. Das musikalische Spiel mit Formen krautigen Bluesrocks und des Psychedelic in Kombination mit dem fast sensiblen Gesang Draghis verleihen der Band einen echten ironischen Mehrwert, der beim Hören Freude bereitet.
Die epischen Stücke der Oscuropasso gefallen mit stimmungsvollen und rhetorisch wertvollen Breaks, die sich selbst gerade so ernst nehmen, dass der Spaß nicht zu kurz kommt. Fette Riffs und ausufernde Gitarrensoli treiben die Geschichte im schönen Midtempo emotional voran, während die Lyrics den Kommentar zum Doctor Cyclops-Kosmos liefern: Es geht um den Hexensabbath in einer dekadenten Welt, um Opiumhalluznationen des einsamen Wanderers und totentanzende Mönche und insgesamt um das Ende der Menschheit. Alles sehr manierlich angerichtet, solide produziert und mit Hingabe dargeboten. Eine sehr gelungene Höllenfahrt für Metal-Freunde mit Sternzeichen Doom und Aszendent Psychedelic.
Im März kommen Doctor Cyclops für sechs Termine nach Deutschland. Das könnte nett werden. Die Jungs lieben ihre Vorbilder, haben sich einen hübschen mythischen Kosmos gezimmert und vertreten ihr Ding mit augenzwinkernder Ernsthaftigkeit, sodass das erforderliche Pathos nie anbiedernd rüberkommt. Ein Lebensgefühl wie eine bunte Antipastiplatte der Apokalypse.
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