Am 15. Mai findet in Berlin das DFB-Pokalfinale der Herren statt. Der Titelverteidiger SV Werder Bremen trifft auf Rekordmeister FC Bayern München.
Ganz Fußballdeutschland schaut am 15. Mai 2010 wieder nach Berlin. Im altehrwürdigen Olympiastadion findet das 67. Finale der Herren um den DFB-Pokal statt. Vor ausverkauftem Haus stehen sich in dem deutschen Rekordmeister und -pokalsieger FC Bayern München und Titelverteidiger SV Werder Bremen die zwei Topfavoriten auf den Titel gegenüber.
Nord-Süd-Gipfel mit großer Pokaltradition
Die Finalpaarung zwischen dem SV Werder Bremen und Bayern München stellt in den Augen vieler Fußballfans nicht nur eine Wunschkonstellation dar, sondern kann im Hinblick auf die Wettbewerbstradition der beiden Spitzenteams beinahe als erwartbar bezeichnet werden. Der Titelverteidiger Werder Bremen, der im letztjährigen Finale Bayer Leverkusen durch das Siegtor des großen Spielmachertalents Mesut Özil mit 1:0 bezwang, trägt den Nimbus in Pokalwettbewerben zu Außergewöhnlichem fähig zu sein. Unter der langen Erfolgsägide ihres mit friesischer Trockenheit gesegneten Trainers Thomas Schaaf konnte dieser Ruf in den letzten Jahren untermauert werden. Das diesjährige Finale stellt die 10. Endspielteilnahme für die Nordlichter dar, sechsmal konnte man bisher die Trophäe erringen. Allein drei Triumphe erreichte man unter dem kongenialen Manager-Trainer-Duo Klaus Allofs und Thomas Schaaf, das seit 1999 ununterbrochen die sportlichen Geschicke des Vereins leitet.
Übertroffen wird die eindrucksvolle Erfolgsbilanz der Männer von der Weser ausschließlich durch den Rekordmeister Bayern München, der mit bisher 14 Pokalsiegen auch in diesem Wettbewerb das Maß aller Dinge darstellt. Die Endspielreise nach Berlin in dieser Saison bildet die 17. Finalbeteiligung. Allein im ersten Jahrzehnt des dritten Jahrtausend konnte man den Pokal fünfmal an die Isar holen. Da in diesen Jahren auch jeweils die Meisterschaft errungen wurde, stehen für die Bayern gar sieben Gewinne des Double zu Buche. Ein Kunststück, das dem Kontrahenten Werder Bremen einmal in der Saison 2003/2004 gelang. Die Vorgänger der Bremer als Titelträger im DFB-Pokal sind die Profis von der Säbener Straße ebenfalls. Im Jahr 2007/2008 konnten die Bayern Borussia Dortmund mit 2:1 nach Verlängerung niederkämpfen. Doppeltorschütze war die italienische Strafraumikone Luca Toni, der zwar bei den Münchner Bayern noch unter Vertrag steht, allerdings auf Leihbasis für den AS Rom am Ohr dreht.
„Wir fahren nach Berlin“ – der lange Weg zum Ziel
Der lange Weg ins Finale führte den Titelverteidiger Werder Bremen in der 1. Hauptrunde zum frischgebackenen Zweitligaaufsteiger Union Berlin. An der Alten Försterei deklassierten die Grün-Weißen die Eisernen mit 0:5. In Runde 2 stand im Weserstadion das Nordderby gegen die Piratenkicker vom FC St. Pauli an, die die Bremer mit 2:1 zurück an die Reeperbahn schicken konnten. Der 1. FC Kaiserslautern war im Achtelfinale zu Gast bei den Bremern, hatte beim glatten 3:0-Erfolg der Werderaner aber wenig zu bestellen. Enger wurde es da schon im Viertelfinale. Bremen empfing die zwischen Genie und Schwachsinn unberechenbar wandelnden Hoffenheimer. Durch das Jokertor des portugiesischen Sturmbrechers Hugo Almeida, fünf Minuten nach dessen Einwechslung, konnte der Halbfinaleinzug mit 2:1 unter Dach und Fach gebracht werden. Das Überraschungsteam vom Zweitligisten FC Augsburg war beim 2:0 in Bremen in der Vorschlussrunde klar unterlegen. Wirbelwind Marko Marin und der allseits beliebte peruanische Anführer der Abteilung Attacke, Claudio Pizzarro, erzielten die Treffer zum ungefährdeten Finaleinzug.
Holpriger fiel der Start in den Pokalwettbewerb für die hochdekorierten Münchner aus. Gegen den Sechstligisten Spielvereinigung Neckarelz blamierte sich der turmhohe Favorit bei dem 3:1 „Erfolg“ spielerisch bis auf die Knochen. Gegen Zweitligist Rot-Weiß Oberhausen in Runde 2 ließ man beim klaren 5:0 in der heimischen Allianz-Arena jedoch nichts anbrennen. Im Achtelfinale triumphierte man auswärts mit 0:4 über den Ligakonkurrenten Eintracht Frankfurt. Der überzeugende Auftritt mit Toren von Miro Klose (2), Luca Toni und Senkrechtstarter Thomas Müller wurde als Wendepunkt einer zunächst schwierigen ersten Saisonhälfte unter dem neuen Coach Louis van Gaal gewertet. Im Viertelfinale bekamen die Zuschauer in München beim 6:2-Schützenfest gegen den Zweitliga-Lokalrivalen der Spielvereinigung Greuther Fürth ein unterhaltsames Spektakel geboten. Wesentlich spannender war die Halbfinalpaarung, die die Münchner zum Meisterschaftsrivalen nach Gelsenkirchen führte. In der äußerst engen Partie mussten die Münchner auf dem Kartoffelacker in der Veltins-Arena einiges an Geduld aufbringen. Nach 110 Minuten der Schalker Abwehrschlacht schnappte sich der niederländische Slalomdribbler Arjen Robben den Ball zu einem unwiderstehlichen Sololauf aus der eigenen Hälfte heraus und erzielte den 1:0-Siegtreffer in der Verlängerung.
Aussichten vor dem Rekordfinale
Zum dritten Mal stehen sich die ewigen Kontrahenten von Werder Bremen und Bayern München heuer im Finale des DFB-Pokals einander gegenüber. Jeweils einmal konnten die Teams, die auch die ewige Tabelle der Fußballbundesliga anführen, bei den bisherigen Endspielvergleichen den Sieg erringen. Beim letzten Aufeinandertreffen in der Saison 1999/2000, der Wiederauflage der Finalpaarung des Vorjahres, gewannen die Bayern mit 3:0. Auf Seiten der Bremer standen damals mit Torsten Frings und Claudio Pizzarro zwei Jungprofis, die im diesjährigen Finale wieder im Mittelpunkt stehen werden. Torsten Frings, vor gut 10 Jahren noch Rechtsverteidiger, ist im defensiven Mittelfeld der Bremer Dreh- und Angelpunkt des Spiels und als Kapitän der wichtigste Führungsspieler. Nach seiner fragwürdigen Ausbotung durch Nationaltrainer Joachim Löw spielt der Bremer insbesondere seit Beginn der Rückrunde groß auf und wird auf einen Pokaltriumph brennen. Claudio Pizzarro ist seit seiner Rückkehr aus England längst wieder gefeierter Torjäger und Publikumsliebling bei den Hanseaten.
Die persönliche besondere Brisanz des Duells mit den Bayern teilen die beiden Bremer Leistungsträger mit ihrem in dieser Saison jedoch enttäuschenden Mittelfeldkollegen Tim Borowski. Alle drei Weser-Kicker standen einst, mit unterschiedlichem Erfolg, beim Endspielgegner unter Vertrag. Während das Gastspiel Borowskis an der Isar nur eine Saison weilte und der damalige Nationalspieler meist von der Bank kam, war Torsten Frings zwei Jahre Stammspieler in München, fand allerdings sein Glück als Fußballer auch erst wieder nach der Rückkehr in norddeutsche Gefilde. Stürmer Pizzarro hingegen gewann mit den Münchnern dreimal das Double und einmal den Weltpokal und bildete besonders mit Giovane Elber, von dessen Torrekord als Ausländer in der Bundesliga „Pizza“ nur noch ein Tor entfernt ist (Stand: 24. April 2010), ein gefürchtetes Angriffsduo. Alle drei werden gegen ihren ehemaligen Arbeitgeber hochmotiviert sein, doch Robben & Co. gieren nach dem ersten Titelgewinn seit dem Double 2007/2008 unter dem „letzten Diktator Europas“ (Ex-Frankfurt-Stümer Bachirou Salou über den Trainer Felix Magath). Beide Teams gehen ohne Sperren ins Finale. Für Spannung ist gesorgt.