Der Sonderausschuss zur Untersuchung des Amoklaufs von Winnenden hat am 9. März 2010 seinen Abschlussbericht vorgelegt. Welche Maßnahmen werden empfohlen?
Der Amoklauf an der Albertville-Realschule in Winnenden jährte sich am 11. März 2010. Am 9. März wurde in Stuttgart der Abschlussbericht des Sonderausschusses zur Untersuchung der Tat vorgelegt. Im Zentrum der Arbeit des Sonderausschusses „Konsequenzen aus dem Amoklauf in Winnenden und Wendlingen – Jugendgefährdung und Jugendgewalt“ stand die Entwicklung grundsätzlicher Handlungsempfehlungen zur Prävention von Gewalt an Schulen. Dem Ausschuss unter Vorsitz von Christoph Palm (Mitglied des Landtages) gehörten 18 Abgeordnete des Landtags Baden-Württemberg an, 16 Experten aus Wissenschaft und Forschung wurden angehört.
Ergebnisse des Sonderausschusses
„Dem Sonderausschuss war von Beginn an klar, dass es realistischerweise nicht möglich sein wird, künftig Amokläufe völlig zu verhindern, so wünschenswert dies natürlich wäre“, erklärte Ausschussvorsitzender Christoph Palm. „Zielsetzung des Sonderausschusses war es vielmehr, Wege aufzuzeigen, um die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen so zu verbessern, dass Amokläufe zukünftig weniger wahrscheinlich werden. Mit den vorliegenden Handlungsempfehlungen und Handlungsfeldern setzt der Sonderausschuss an den tiefgründigen Ursachen an, in der Hoffnung, dass dies gelingen kann“, so Palm weiter.
Die Ergebnisse des 881 Seiten umfassenden Abschlussberichts unterteilen sich in acht „weiterreichende Handlungsfelder“ und 39 „einfache Handlungsempfehlungen“. Das Investitionsvolumen zur Umsetzung der Empfehlungen der Kommission wird auf gut 30 Millionen Euro beziffert, die jährlich im Landeshaushalt veranschlagt werden sollen. Insgesamt schlägt der Sonderausschuss die Schaffung von rund 250 zusätzlichen Stellen für Beratungslehrkräfte und Gewaltpräventionsberater sowie zusätzliche 100 Stellen für Schulpsychologen vor.
Handlungsempfehlungen der Kommission
Die konkreten Handlungsempfehlungen betreffen die fünf Themengebiete des Sonderausschusses: Gewaltprävention bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, Zugang zu Waffen, Gewaltdarstellung in Medien, unter anderem in Computerspielen, Sicherheitsmaßnahmen an Schulen, Stärkung des Erziehungsauftrags der Eltern. Der Katalog umfasst strukturelle Maßnahmen wie den Ausbau von Ganztagsschulen und von Fortbildungsangeboten für Lehrkräfte. Auch soll die Sozialarbeit an der und um die Institution Schule gestärkt werden. Der Zugang zu Waffen soll erschwert werden. Hierzu müsse das geltende Recht durch forcierte Kontrollen durchgesetzt werden und bundeseinheitliche psychologische Standards für die Vergabe von Waffenscheinen entwickelt werden. Im Bereich der Medienarbeit kommt der Sonderausschuss über die Empfehlung bestehende erfolgreiche Konzepte weiterzuführen nicht hinaus. Die Strafverfolgung von Internetkriminalität soll auf Empfehlung des Expertenkreises Amok personell und technisch intensiviert werden.
Außerdem werden unter den acht weiterreichenden Handlungsfeldern folgende Zielsetzungen empfohlen:
• die flächendeckende Einführung des Anti-Mobbing-Schulprogrammes nach dem schwedischen Psychologen Dan Olweus
• der Ausbau schulpsychologischer Beratung und die Verbesserung der Qualifikation durch einen Studiengang „Schulpsychologie“, sowie die Schaffung eines zentralen Kompetenzzentrums „Gewaltprävention“
• eine Stärkung der Medienpädagogik
• das Angebot eines zentralen Alarmierungssystems für Schulen, welches diese über Pager mit der Landespolizei verbindet
• eine Stärkung sozialpsychologischer Elternberatung durch die Schaffung spezieller Beratungsmodule für Rat suchende Eltern in typischen Umbruchphasen des Kinderlebens
• die Stärkung der Jugendarbeit und Gewaltprävention in Sportvereinen
• eine Aufstockung des Personals der Justizbehörden und der Polizei