Die Zeiten, in denen sich die Bürger des jungen Staates Slowenien häufig Verwechslungen mit der Slowakei oder auch dem kroatischen Slawonien gefallen lassen mussten, gehen dem Ende entgegen. Zwar sind internationale Meldungen um das kleine Land immer noch selten, doch muss dies kein schlechtes Zeichen sein: Slowenien verfügt über eine solide Wirtschaft und stabile politische Verhältnisse, die durch den EU-Beitritt 2004 Anerkennung fanden. Der Weg zu Demokratie und Selbstbestimmung war für die Slowenen lang. 1991 erreichte das Land die Unabhängigkeit von Jugoslawien, die im 10-Tage-Krieg auch militärisch verteidigt werden musste, weshalb die Slowenen einerseits stolz auf ihre freiheitliche Verfassung sind – und andererseits empfindlich reagieren, wenn man ihr Land verbal dem „Balkan“ zuschlägt.
Neben der erstrittenen Unabhängigkeit schöpfen die Slowenen aus einer weiteren Quelle Selbstbewusstsein: Einem alten slowenischen Sprichwort nach schuf Gott, nachdem er alle landschaftlichen Schönheiten auf der Welt verteilt hatte, noch ein kleines Gast- oder Schmuckzimmer, in welchem er alle Schönheiten nochmals in verkleinerter Form versammelte: Slowenien. Wer die natürliche Schönheit Sloweniens, dessen Oberfläche zu 50% (vgl. Deutschland: 31%) von Wald bedeckt sind, erlebt hat, dem wird das Land und seine gut 2 Millionen Bürger unverwechselbar bleiben.
Surfen und Baden an der Adriaküste
Wer vom italienischen Villa Opicina aus, einem Triester Vorort oberhalb der Bucht und am Fuße des Karst-Plateaus gelegen, abends die Lichter der slowenischen Küstenorte Koper, Izola, Piran und Fiesa im dunklen Wasser des Golf von Triest schwimmen zu sehen glaubt, der erhält einen ersten Eindruck von Sloweniens Zauber als ursprünglichem Sehnsuchtsort. Auf einer vergleichsweise geringen Länge von 46km erstreckt sich die slowenische Adriaküste, deren wie Perlen aufgereihte Dörfer sich an Schönheit nicht hinter derjenigen Venedigs verstecken müssen.
Das am westlichsten und auf spitzer Landzunge gelegene Piran ist von drei Seiten von Wasser umgeben. Der Tartini-Platz, die zahlreichen historischen Kirchen und die malerische Strandpromende laden zum Spazieren ein; Piran verfügt über eine sehr gute Tauchschule, auch Windsurfer kommen auf ihre Kosten, bei Flaute beflügelt ein Bootsausflug nach Koper oder in den mondänen Kurort Portorož das maritime Lebensgefühl.
Eine bequeme halbstündige Wanderung führt von der Piraner Georgskirche an der Küste entlang zur Nachbarbucht und nach Fiesa, dessen Brackwasserlagune Lebensraum für seltene Tiere und Pflanzen und im Spätsommer zahlreichen Zugvögeln Zuflucht bietet. Fiesa verfügt ebenso wie das vergleichsweise quirlige und sehr venezianische Izola über eine Badebucht.
Die Hafenstadt Koper bildet das wirtschaftliche Zentrum der Küstenregion. Besonders der Aufstieg auf die venezianische Kathedrale lohnt sich, denn vom Turm aus offenbart sich ein wunderbarer Blick über die Adriaküste und den nahen Karst.
Wandern, Mountainbiken, Rafting und Paragliding im Triglav-Nationalpark
Ein wahres Eldorado für Outdoorfreunde stellt der Triglav-Nationalpark dar, benannt nach dem mit 2864 Metern höchsten Berg Sloweniens. Die einzigartige Landschaft, die zu den Julischen Alpen gehört, bietet Wanderern tiefe und ursprüngliche Wälder, Bergsteigern und Paragleitern ideale Aufstiege und Hochplateaus und auf den Gebirgsflüssen perfekte Bedingungen zum Kajakfahren und Raften.
Am östlichen Rand des Nationalparks, der im Nordwesten Sloweniens liegt, befindet sich die malerische Kleinstadt Bled. Von Bled ausgehend lassen sich ausgedehnte Wanderungen auf größtenteils gut ausgewiesenen Routen und Mountainbiketouren unternehmen. Empfehlenswert ist eine Wanderung zur Vintgar-Klamm, einer 1600 Meter langen Schlucht, durch welche sich der Radovna-Fluß schlängelt, welchen man auf zahlreichen Holzbrücken überquert, bis man schließlich nach Podhom den wohl schönsten Wasserfall des Landes erreicht.
Zurecht gerühmt für seine Schönheit ist der Bleder See, dessen dank heißer Quellen wohltemperiertes Wasser zum Rudern oder gemütlichen Paddeln einlädt. Bevorzugtes Fahrziel ist die malerische Marieninsel inmitten des azurblauen Sees, auf der sich die weiße Kirche befindet. Von der Felsenburg am Klippenufer aus hat man ein herrliches Panorama über den See und in die umliegenden Gebirgszüge.
Kanufahrer und Fliegenfischer werden den ebenfalls mitten im Nationalpark gelegenen Bohinjsko-See aufsuchen. Der größte See Sloweniens liegt wunderbar eingerahmt von schroffen Bergmassiven und ist quasi nicht bebaut – eine einzige gotische Kirche säumt sein Ufer.
Von Bovec im Nordwesten des Nationalparks aus starten Bergwanderer ihre Alpentouren. Wer einen Gleitschirm im Gepäck hat, gelangt mit dem Sessellift auf den Gipfel des 2587 Meter hohen Kanin und segelt von dort über eine herrliche Gebirgslandschaft, die zugleich eines der wichtigsten Wintersportzentren Sloweniens ist. Mit dem Boka-Wasserfall läßt sich Sloweniens höchster Wasserfall bestaunen – in zwei Stufen stürzt der Nebenfluß der Soca 144 Meter in die Tiefe.
Weiter südlich liegt der charmante Ort Kobarid, in welchem Ernest Hemingway als Sanitätsoffizier im Ersten Weltkrieg wirkte und die Erfahrungen zu seinem Roman „In einem anderen Land“ sammelte. Kobarid ist nur einen Steinwurf von der Soca entfernt. Der kristallklare Fluss bietet Kanuten, Kajakfahrern und Raftern auf seinem Weg in die Adria herrliche Bedinungen.
Vom nahen Kranjska Gora aus sollte man zur smaragdenen Sava-Quelle wandern. Da es sich bei dem markierten Weg zum Ursprung des Flusses, der im Gegensatz zur kalten Soca auch zum Baden einlädt, eher um eine Kletterroute, als um einen Wanderweg handelt, ist festes Schuhwerk, Schwindelfreiheit und eine gute körperliche Verfassung vonnöten. Doch der Aufstieg lohnt sich.
Mountainbiker reizt vor Allem der Aufstieg zum Vršic Pass, dem höchsten Gebirgspass Sloweniens, mit 50 Haarnadelkurven bis auf 1611 Metern über NN. Die Hochebene markiert in internationalen Radrennen eine wichtige Etappe und ist Ausgangspunkt für Bergsteiger, Wanderer und Paragleiter. Erbaut wurde der Gebirgspass von russischen Kriegsgefangenen in den Jahren 1914-1916 als Nachschubverbindung ins Isonzo-Tal, wo im Ersten Weltkrieg ein jahrelanger Stellungskrieg in äußerster Grausamkeit tobte. Die zahlreichen, von Einschusslöchern durchsiebten, Geschützstellungen in den Bergen und Wäldern sind stumme Zeugen der schrecklichen Zeiten, die hinter den Slowenen und Europa liegen.
Heute kann Slowenien nicht nur als Beispiel für eine gelungene europäische Integration gelten, sondern auch als Geheimtip unter den europäischen Reiseländern. Die slowenische Gastfreundschaft und Ursprünglichkeit laden ein, ein Land zu entdecken, das Vielfalt, Schönheit und eine atemberaubende Natur mit alpinem Gebirge, Riviera, den Karst-Plateaus und riesigen Wäldern zu bieten hat.