Ich stelle mir vor, ich stünde in der Kölner Südkurve und nach dem Spiel käme Lukas Podolski zu mir gelaufen und würde mich als besten Fußballer aller Zeiten feiern. Ein Traum! Ein merkwürdiger Traum. So ungefähr dürften sich jedoch die Truckfighters fühlen. Als einen der Godfather des Stoner-Rock und Mastermind der Queens of the Stone Age bewunderten die drei Musiker den legendären Josh Homme. Bis dieser 2011 in einem Dokumentarfilm erklärt: „Die Truckfighters sind nicht nur die beste Band, die ich je gehört habe, sondern die beste Band, die je existiert hat.” Bemerkenswert!
Am 27. Januar 2014 stellen die Truckfighters in Deutschland ihr viertes Album vor, dazu wird getourt. Universe lautet der Titel, und auch das ornamentale Artwork des Covers, das ein Allsehendes Auge in trinitarischer Variante eingebettet in ein Pentagramm zeigt, legt den, profan formulierten, Verdacht nahe: Jetzt geht es ans Eingemachte. So ist es auch. Die Truckfighters scheinen sich nach unzähligen Personalwechseln in der dreizehnjährigen Bandgeschichte endlich gefunden zu haben. Als Trio ist man nun unterwegs, und wo das Personal passt, da lassen sich auch höhere Ziele angehen.
Mit dem Opener Mindcontrol fliegt einem eine satte Handvoll roten Wüstensands in die Augen, rostig röhrende Gitarren im Fuzzy-Sound umstürmen den Hörer in der heißen Einsamkeit dieser Klangwelt, das Schlagzeug treibt voran, immer weiter, dem fernen Gesang nach, auf der Suche nach einer Oase. Klassischer Desert-Rock Sound, der an Kyuss und die frühen Queens of the Stone Age erinnert, mit einer Prise Soundgarden. Haben wir also unser Fähnchen an betreffender Stelle in die Landkarte gespießt, gibt es nachher großes Aha: Ursprungsort dieser Musik ist nicht das Death Valley, die Badlands Kaliforniens, sondern: Örebro, eine kleine Universitätsstadt in Schweden. Bemerkenswert!
Eine wilde Landschaft und wenige Mitmenschen scheinen so als Voraussetzungen für den Sound der Weite gefunden. Gitarrist Niklas Källgren, Oskar Cedermalm als Bassist und Gesangsverantwortlicher, dazu seit kurzem Andre Kvarnström am Schlagzeug, in dieser Besetzung gelingt es den Truckfighters auf Universe überzeugend die musikalische Weiterentwicklung voranzutreiben. Im Verlauf des neuen Albums zeigt sich zunehmend, dass der klassische Stoner-Rock ein Sprungbrett ist zu neuen Ufern.
Die Wurzeln der Band im Stoner bleiben hörbar, doch verlieren sich die Songs weniger in auslaufenden oder -ufernden Riffs, sondern setzen zumeist lediglich pointiert auf dunkle Gitarrenkaskaden in voluminösem Metal-Sound, um sich melodischeren Songstrukturen zu widmen. Das gelingt durchaus überzeugend, verbinden sich doch klare Melodieverläufe, die stellenweise an Größen wie Pearl Jam erinnern, mit avantgardistischen Verlagerungen, Rhythmus- und Taktartwechseln, die an Tool denken lassen. Das Spektrum der Band erweitert sich mit Universe, die Truckfighters erscheinen als vielversprechende Progressive-Metal-Band.
Das neue Album überzeugt durch Spielfreude und Ambition, Songs wie Get Lifted verbinden groovigen Flow mit epischer Attitüde und großen Spannungsbögen in einer komplexen Songstruktur. Mitunter kann das auch pathetisch sein, wenn die Hooklines, die auf Universe durchaus prominent eingesetzt werden, zum Chorus anschwellen, um dann von großer Gitarrenhand weggefegt werden. Doch auf Pathos verstehen sich die Skandinavier meist besser als die Amerikaner und daher bleibt der Eindruck bestehen: Diese drei Schweden mit ihrem viertem Album haben ein Level der Schaffenskraft erreicht, das Vollendung verrät, aber den Weg in die Zukunft offen lässt. Denn woran es Universe fehlt, um es auch als Album in den Rock-Olymp zu schaffen, ist einzig die Tatsache, dass die Truckfighters sehr viel wollen, nie zu viel um brillant zu sein, doch die klare Entscheidung, die ein großes Album braucht, wurde noch nicht getroffen.
Die Truckfighters legen mit Universe ein hervorragendes Album vor, das das Spektrum der Band in ungekannter Breite zeigt und eine Meisterschaft verrät, die neugierig macht auf das, was noch kommt. The Fuzz is alive!